Folgende Gedanken habe ich dazu:
- Das klassische Projektmanagent wird nicht verschwinden. Für überschaubare, inhaltlich klare Projekt behält es seinen Platz.
- Die "Best Practices" des klassischen Projektmanagements werden die agilen Vorgehensweisen bereichern.
- Ab einer gewissen Komplexität verbunden mit Innovationen wird das Agile Projektmanagement der Standard werden - allerdings nicht in der heutigen "Reinkultur" von SCRUM.
SCRUM hat seine Wurzeln in kleinen Hochleistungsteams der SW-Entwicklung (ca. 7 Entwickler pro Team). Viele Prinzipien kann man für Großprojekte übernehmen - aber nicht 1:1. Das wäre meines Erachtens
fatal.
DSDM Atern weist meines Erachtens für heterogenen Projekte (IT und non-IT) in die richtige Richtung - und ist für Großprojekte bereits heute eine gute
Wahl.
- Die Welt ist nicht ideal, d.h. Agiles Projektmanagement muß auch auf unperfekte Managementumgebungen, Mitarbeiter und sonstige Rahmenbedingungen eine agile Antwort finden. So wie
Projekte die Umgebung (Firma) beeinflussen, beeinflusst auch der Firmen-Kontext jedes Projekt. Zum erfolgreichen Einsatz Agiler Methoden gehört daher immer ein Sponsor auf Managementebene.
- Die Welt wird virtuell - d.h. wir müssen lernen mit weltweit verteilten Teams zu arbeiten. Das ist eine für SCRUM unvorteilhafte Situation, da hier der direkte Kontakt mit
entsprechender kommunikativer Selbstorganisation der Mitarbeiter eingeschränkt wird. Interessant ist, das virtuelle Teams Mitarbeiter mit hoher Eigenverantwortung und wenig
Führungsbedarf brauchen - und das ist genau die Art Mitarbeiter, die auch für lokale SCRUM Teams benötigt werden. Hier spielt für erfolgreiche agile Teams der gezielte Einsatz von
Kommunikationstechnologie eine entscheidende Rolle.
- Die Idee des "Unternehmertum" für Projekte findet sich in SCRUM kaum wieder (höchstens beim Product Owner). Unternehmerisches Denken und Handeln ist aber ein wesentlicher Faktor für
Innovation und hohe Produktivität (das haben sogar die Chinesen gemerkt und umgesetzt). Gute klassische Projektmanager für Großprojekte handeln als Unternehmer - dieser Gesichtspunkt muss auch in die
Agile Methode einfließen. Auch ein gutes, selbstorganisiertes Team kann mit seiner Entwicklung in eine Sackgasse der Evolution laufen - selbst bei optimaler Kundenbeteiligung. Auch wenn "Agile
Evangelisten" protestieren - möglicherweise ist eine Rolle "Scrum Entrepreneur" notwendig, der einen Blick von oben auf die Scrum Teams hat - und der eingreift, wenn Teams in
Sackgassen laufen oder Verbesserungspotential unerkannt bleibt.
- Bei der Bewältigung von Komplexität spielt Architektur eine große Rolle. Je besser es gelingt, ein Großprojekt in handhabbare, unabhängige und leicht
anpassbare Komponenten zu strukturieren, desto erfolgreicher wird es. Man sollte jedes Großprojekt schon vor dem Start unter diesem Gesichtspunkt prüfen.
- Der Übergang in den Betrieb ist bei jedem IT-Projekt eine wer wichtigsten Herausforderungen. Das wird von Scrum nicht ausdrücklich angesprochen. Nicht nur die Anwender der Lösung - auch die
Betrieber müssen frühzeitig in die Entwicklung mit einbezogen werden. Ein aktueller Anzatz in Diskussion ist DevOps - siehe Wiki (engl) .
- Agilität, Virtualität, Unternehmertum und Architektur sind für mich daher Schlüsselfaktoren für die Projekte der Zukunft. Weiterhin muß neben den Kunden
(Anwendern) auch die Betrieb eng in die Entwicklung mit einbezogen werden.
- Ein einfaches Patentrezept für die Einführung von Agilität in Unternehmen und Projekte gibt es nicht. Das bedeutet:
- Der Kontext muss immer berücksichtigt werden. Für bestimmte Firmen mag Scrum der Königsweg sein, für andere DSDM oder eine Hybride Variante (Agil kombiniert mit Klassisch).
- Jeder Einführung von Agilität muß ein Business Case zugrunde liegen. Agilität um der Agilität willen ist "höherer Blödsinn".
- Jede Einführung von Agilität sollte wiederum als Agiles Projekt stattfinden (d.h. Schritt für Schritt mit Lernphasen und ständiger Überprüfung der Ergebnisse).
Und warum werden wir in Zukunft überwiegend agil arbeiten müssen ?
Weil die IT-Welt (und nicht nur die) sich inzwischen zu schnell dreht und zu komplex für eine reine Planwirtschaft geworden ist. Vor 30 Jahren gabe es kein Internet, Mobilfunk (Handies)
und nur wenige TV-Programme. Kein Google, kein Amazon. Und die Innovationsgeschwindigkeit steigt - da bleibt kein Raum für schwerfällige, unflexible und langsame Projektarbeit.